KREIS BORKEN. Die ersten fünf Minuten sind entscheidend bei einer Reanimation eines Menschen. Werden dann nicht zügig lebenserhaltende Maßnahmen ergriffen, drohen der Tod oder irreversible Schäden. „Es ist noch ausreichend Sauerstoff im Blut, aber es muss durch den Körper gepumpt werden“, sagt Hanjo Groetschel, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Borken.
Doch die Rettungssanitäter sind im Flächenkreis Borken nur selten innerhalb so kurzer Zeit beim Patienten. Und nicht jeder Begleiter oder Passant weiß exakt, was zu tun ist. Um dieses „therapiefreie Intervall“ zu nutzen, hat die Kreisverwaltung auf Initiative und mit Unterstützung der Politik ein neues System etabliert: Die App-unterstützte Ersthelferalarmierung Corhelper. Hinter dem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich eine kluge Einrichtung. Trifft in der Notrufzentrale eine Lage ein, bei der eine Reanimation nötig wird, bekommt der dem Unfallgeschehen am nächsten befindliche, registierte Notfallhelfer automatisch eine Meldung auf sein Handy. Die App weist ihm den Weg zum Unfallort, wo er sofort mit der Reanimation beginnen oder einen etwaigen Laien bei der Herz-Druck-Massage ablösen kann. Zeitgleich wird ein zweiter Notfallhelfer alarmiert, der im günstigsten Fall auch einen in der Nähe befindlichen, automatisch arbeitenden Defibrillator (AED) mitbringt. Er kann zudem den ersten Nothelfer bei Beatmung und Herzmassage unterstützen, bis die Rettungskräfte vor Ort sind.
Der Kreis Borken, so war auf einer Pressekonferenz heute zu erfahren, baut gerade eine Datenbank auf. Darin, so teilte die Projektkoordinatorin Mareike Köhne mit, hätten sich bereits 140 Notfallhelfer registrieren lassen. Sie stammen überwiegend aus medizinischen und pflegerischen Berufen oder aus den Hilfsdiensten wie Feuerwehr, Malteser und Rotes Kreuz. Aus gutem Grund. „Ein einfacher Ersthelferschein, wie man ihn für den Führerscheinerwerb braucht, reicht hier nicht. Als Qualifikation muss mindestens eine 24-Stunden-Ausbildung als Notfallhelfer vorliegen, will man sich für das System registrieren lassen“, so Hanjo Groetschel. Im Kreis Gütersloh, wo das System schon länger Anwendung findet, seien mittlerweile rund 1200 medizinisch qualifizierte Ersthelfer registriert, so wussten die Fachleute zu berichten.
Jetzt müsse kräftig die Werbetrommel gerührt werden, um noch mehr Notfallhelfer zu gewinnen, meinten Landrat Dr. Kai Zwicker und Kreisordnungsdezernentin Dr. Elisabeth Schwenzow. Registrieren kann man sich auf www.kreis-borken.de/ersthelferapp. Mareike Köhne prüft die Qualifikation, bevor der jeweilige Helfer freigeschaltet wird. Auch wer im Besitz eines Defi ist, zum Beispiel im Betrieb, kann diesen registrieren lassen unter www.kreis-borken.de/defibrillatoren. Die Corhelper App ist auf den Plattformen iOs und Adroid verfügbar und kann kostenlos heruntergeladen werden.
Für den Kreis Borken war das lebensrettende System, das innerhalb nur eines Jahres für die Region entwickelt wurde, natürlich nicht kostenlos zu haben. Rund 200.000 Euro sind laut Dr. Schwenzow für die ersten zwei Jahre eingeplant. Damit sind aber auch alle Folgekosten in diesem Zeitraum gedeckt. Jedes Jahr gibt es rund 150 Fälle, in denen die Reanimation eines Menschen nötig wird. Dr. Schwenzow: „Wenn nur ein Leben durch die App gerettet werden kann, so ist das Geld gut angelegt.“
Wie das Alarmierungssystem funktioniert, zeigt ein vom Kreis produziertes Video, das unter dem Youtube-Link https://www.youtube.com/watch?v=CjfrSGZMAUo abrufbar ist. (kre)