Die Maiboeken Apotheke in Heiden schließt. In wenigen Tagen öffnet die Apotheke zum letzten Mal ihre Türen, bevor sie am 01. Juli endgültig geschlossen bleibt. Welche Gründe die Schließung der Maiboeken Apotheke hat, was danach mit ihr geschieht und wie es um in Zeiten der Digitalisierung um Apotheken insgesamt steht, haben wir in einem Interview mit Apothekerin Henrike Brinkman geklärt.
Am 30. Juni wird die Maiboeken Apotheke das letzte Mal geöffnet. Welche Gründe gibt es für die Schließung und was geschieht danach mit der Apotheke?
Ich bin dieses Jahr 60 geworden und möchte meine Energien auf meine Apotheken in Borken und Recklinghausen konzentrieren. Denn die Maiboeken Apotheke werde ich später nicht an einen anderen Inhaber übergeben können, außer vielleicht innerhalb der Familie. Grund dafür sind die baulichen Bedingungen, die so sind, dass ein Nachfolger keine Betriebsgenehmigung mehr bekommen würde. Also werde ich sie nicht abgeben können. Da in nächster Zeit große Neuerungen anstehen, die wir unter anderem für das E-Rezept benötigen, möchte ich diese Investitionen für die Maiboeken Apotheke nicht mehr machen und habe mich deshalb dazu entschlossen, sie zu schließen.
Wie hat sich das Coronajahr auf die Situation der Apotheken ausgewirkt?
Wir hatten sehr viel zu tun. Wir haben das Privileg, dass wir arbeiten durften, sehr genossen. Auf der anderen Seite mussten wir auch arbeiten, was zu Beginn mit der Organisation von Schichtarbeit, Maskenpflicht, Abstandsregelungen, Spuckschutz etc. auch nicht leicht war. Hinzu kam sehr viel neuer Bürokratismus. Als Kunde sieht man meist nur, wie wir Masken herausgeben oder Impfausweise digitalisieren. Kaum einer bekommt aber wirklich mit, was für ein Aufwand das im Hintergrund ist. Da kam sehr viel mehr Arbeit und Bürokratismus auf uns zu. Zusätzlich denken viele Menschen: „Die machen den dicken Reibach“. Doch die Leute waren ja nicht mehr krank, was ja auch das Tolle am Mundschutz oder den Abstandsregelungen ist – man bekommt keine Infektionskrankheiten mehr. Es waren also kaum Menschen erkältet, es gab keine Grippewelle oder Läuse etc. Dort haben die Apotheken viel verloren, obwohl sie einen sehr großen Aufwand hatten.
Welcher Wandel lässt sich in den letzten Jahren allgemein bei Apotheken beobachten?
Der Wandel geht, wie überall, in das Onlinegeschäft. Viel wird woanders gekauft, die Kunden bringen ganz viel Wissen mit in die Apotheke, welches sie sich im Internet angeeignet haben. Das ist wirklich schön. Aber wir werden mehr denn je in der Beratung gebraucht, denn das Wissen durchs Internet kommt ungefiltert und dadurch fällt es vielen schwer, zwischen gut und böse zu unterscheiden oder zu verstehen, was für sie richtig und passend ist. Eine ganz große Aufgabe der Apotheker ist es also, die Kunden wirklich gut zu beraten. Ein Beispiel sind die Corona-Impfungen: was dort an Halb- oder gar Falschwissen kommuniziert wurde, war und ist ungeheuer. Da sind wir als Vertrauenspersonen eminent wichtig.
Welche Vor- und Nachteile bieten Onlinevarianten, wie E-Rezepte oder Onlineshops?
Ich finde es toll. Wir hatten bereits vor Corona unseren Onlineshop. Zusätzlich haben wir eine App, mit der die Kunden per Click&Collect bestellen und abholen können, ohne Wartezeit. Oder wir schicken unsere Boten, die aktuell mehr fahren denn je, raus und packen Päckchen. Bei uns ist das alles möglich. Das Tolle am Onlinegeschäft und am Click&Collect ist: Wenn es kritisch wird, wie zu Coronazeiten, dann brauchen die Kunden Kontakt nicht zu suchen. Sie haben die bekannte Apotheke am Telefon, können sich beraten lassen, eine Email schreiben, bestellen oder sogar ein Foto ihres Rezeptes machen. Das ist absolut datengeschützt, sicher und eine tolle Möglichkeit.
Wie wirkt sich dieser Wandel auf die Kunden aus? Gibt es unterschiede zwischen Personengruppen?
Ja. Es gibt Kunden, die kommen super damit zurecht und es gibt Kunden, die lehnen das ab. Hier ein Beispiel zum Impfzertifikat: Wir haben gemerkt, wie dankbar die Kunden sind, dass wir ihnen alles erklären. Denn nicht für jeden ist es einfach, einen QR-Code auf die App zu laden. Fragen wie „Was ist ein QR-Code?“, „Welche App nehme ich dafür?“ oder „Wie mache ich das?“ müssen wir erklären. Und ich glaube, die Kunden hätten am liebsten ihr gelbes Impfheftchen, das sie vorzeigen können und dann ist alles gut.
Kommen wir einmal zum Beruflichen. Wie steht es um den Beruf des Apothekers?
Wir haben immer noch einen ganz hohen Numerus Clausus. Wenn der Beruf nicht mehr beliebt wäre, dann gäbe es diesen NC nicht. In der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, in der ich bin, haben wir vor Kurzem diskutiert, wie dringend wir neue Ausbildungs- und vor allem Studienplätze für Apotheker benötigen. Denn obwohl die Apothekenzahl deutlich runtergeht, werden Apotheker mehr denn je gebraucht. Wir sind wichtig für die Beratung, für die Versorgung der Bevölkerung und für die ordentliche Versorgung der Krankenhäuser. Der Beruf wird gebraucht und es wäre schön, wenn wir irgendwann sagen können „Wir haben so viele Studienplätze, dass man auch mit einem Numerus Clausus, der keine eins vorne im Abiturschnitt hat, durchkommt.“ Das wäre schön.
Was möchten Sie den Lesern noch mitgeben?
Mir ist ganz wichtig: Kommen Sie in die Apotheke und informieren Sie sich. Verstehen Sie, wie Sie sich gesund halten können oder wie Sie mit der Krankheit, die Sie eventuell haben, gut leben können. Wir haben viele Tipps und Ideen – nehmen Sie nicht alles als gegeben hin, sondern fragen Sie nach. Wir erklären Ihnen viel, wir helfen Ihnen. Wichtig ist, dass die Menschen verstehen, was sie tun können und dass sie die verordneten Medikamente und Rezepte ordnungsgemäß einnehmen können und wissen, was ihnen gut tut und womit sie sich sicher fühlen. Das ist die halbe Miete für ein glückliches Leben. (teb)
Das Interview mit Frau Brinkman führte HALLO fragt nach-Redakteurin Sophia Tebrügge.