Pflegekassengelder auch für Nachbarschaftshilfe nutzen

125 Euro Aufwandsentschädigung für Ehrenamtliche – aktuell auch ohne Qualifikation

Kreis Borken. Anlässlich der Corona-Pandemie haben sich in den letzten Wochen in den Städten und Gemeinden im Kreis zahlreiche Initiativen gegründet, die ehrenamtlich Nachbarschaftshilfe anbieten. Bei den mehr als 11 000 pflegebedürftige Personen, die im Kreisgebiet zuhause gepflegt werden, könnte dafür den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 125 Euro aus Mitteln der Pflegekassen gezahlt werden. Darauf weist der Fachbereich Soziales der Kreisverwaltung Borken hin.

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Mit dem Beitrag können beispielsweise Betreuungs- und Entlastungsleistungen wie Haushaltshilfen oder Unterstützungen im Alltag finanziert werden. Für viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die derzeit vielleicht ihren eigentlichen Job nicht ausüben können, in Kurzarbeit sind oder aus anderen Gründen finanzielle Einbußen haben, wäre die Aufwandsentschädigung eine willkommene finanzielle Unterstützung durch geleistete Hilfe. Wird der Beitrag nicht zweckentsprechend zum Beispiel für Nachbarschaftshilfe genutzt und von den Pflegekassen abgerufen, verfällt diese finanzielle Unterstützungsleistung.

Den Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich gibt es nicht nur aktuell, er steht Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege grundsätzlich zur Verfügung. Doch die Zahl der gewerblichen Anbieter für derartige Leistungen reicht im Kreisgebiet nicht aus, um den Versorgungsbedarf abzudecken. Der Kreis Borken hat die Problematik bereits im vergangenen Jahr erkannt und sieht in der Nachbarschaftshilfe, die in der Verordnung für Angebote zur Unterstützung im Alltag (AnFöVO) geregelt ist, großes Potenzial, um Menschen zu finden, die Pflegebedürftige im Alltag unterstützen möchten.

Mit allen Anbietern von Pflegekursen im Kreis Borken wurde daher ein sechsstündiger Kurs zur Qualifizierung entwickelt, der ab März 2020 kreisweit angeboten werden sollte. „Wir hatten vor, die Nachbarschaftshilfe in diesem Jahr kreisweit bekannter und mit dem neu entwickelten Kurs leichter zugänglich zu machen. Erste Kurse konnten noch stattfinden. Seit Mitte März sind jedoch alle Kursangebote wegen der Coronavirus-Pandemie auf unbestimmte Zeit ausgesetzt“, erklärt Christian Tewiele vom Fachbereich Soziales der Kreisverwaltung. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat inzwischen darauf reagiert und verzichtet bis zum 30. September 2020 auf eine Qualifizierung.

Die Voraussetzungen für Nachbarschaftshelferinnen und -helfer sind überschaubar. Sie dürfen mit der pflegebedürftigen Person nicht bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sein, nicht mit ihr in häuslicher Gemeinschaft leben und die Hilfe muss ehrenamtlich gegen eine Aufwandsentschädigung erfolgen. Ebenfalls ist eine einmalige Anerkennung bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person notwendig.

Zu den Leistungen der Nachbarschaftshilfe „bis zur Tür“ zählen zum Beispiel der Einkauf von Waren des täglichen Lebens, das Holen und Bringen von zu reinigender Wäsche, Botengänge zur Apotheke oder zur Post sowie auch die telefonische Kontaktaufnahme. Gespräche sollten vornehmlich unter Nutzung digitaler Kommunikationswege stattfinden, um etwas Unterhaltung und Abwechslung in den derzeit häufig eintönigen Alltag zu bringen. Nur wenn es für die Versorgung oder Betreuung in der Häuslichkeit zwingend notwenig erscheint, ist eine Unterstützung weiterhin in der Wohnung möglich. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass viele Pflegebedürftige aufgrund von Vorerkrankungen oder des Alters zur Risikogruppe zählen. Zum Schutz vor Infektionen und Gesundheitsgefahren sind daher geeignete Vorkehrungen zu treffen. Dabei sind die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de) zu berücksichtigen.

„Wie die Menschen im Kreis Borken sich gegenseitig in der schwierigen Zeit unterstützen, ist toll. Ich hoffe, dass sich diese große Hilfsbereitschaft auch nach der Krise fortsetzt“, freut sich Landrat Dr. Kai Zwicker über die pragmatische Regelung. Wenn sich nun Pflegebedürftige und Nachbarn finden und die ehrenamtliche Unterstützung über die Pflegekasse abrechnen, kann später ein Kurs zur Nachbarschaftshilfe besucht werden. Somit ist es möglich, auch nach der Krise die Unterstützung im Haushalt und in der Freizeit fortzusetzen. „Dann hätte die Krise auch einen ‚positiven‘ Effekt und unserem kreisweiten Projekt in der Nachbarschaftshilfe durch viele Initiativen in den Städten und Gemeinden eine gute Starthilfe gegeben, auf die weiterhin gebaut werden kann“, so Christian Tewiele abschließend.

Weitere Informationen zur Nachbarschaftshilfe sowie den Leitfaden gibt es auf der Pflege-Internetseite des Kreises Borken unter www.pflege-im-kreis-borken.de/nachbarschaftshilfe. (pd/kre)

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