Pechvogel gerettet

Jörg Schmidt hat ein Dohlenküken groß gezogen.

Borken. Es war ein heißer Tag Anfang Mai dieses Jahres, als Jörg Schmidt dem kleinen Jakob das Leben rettete. Völlig dehydriert lag das wenige Wochen alte Dohlenküken auf der Straße am Kreisverkehr Lindenhof und entging nur knapp dem Tod durch Überfahren vorbeiziehender Autos. „In dieser Situation konnte ich einfach nicht tatenlos zusehen, sondern habe mir den Kleinen vorsichtig gepackt und ihn erstmal mit Wasser versorgt“, berichtet Jörg Schmidt. Da der Borkener mit Vögeln aufgewachsen ist und bereits als Kind über zwölf Jahre lang eine zahme Dohle hatte – die ebenfalls Jakob hieß -, stand für ihn außer Frage, dass er dem Küken helfen würde. „Nachdem ich ihn etwas aufgepäppelt hatte, habe ich Jakob in der Nähe der Fundstelle nochmal ausgesetzt – in der Hoffnung, dass seine Eltern kommen und sich um ihn kümmern würden“, erzählt der 49-Jährige und ergänzt: „Meine Frau und ich haben uns auf die Lauer gelegt und mussten dann leider mit ansehen, wie sich zwei Altvögel auf Jakob stürzten und damit begonnen, massiv auf ihn einzupicken. Dazu muss man wissen, dass Dohlen Allesfresser sind und somit auch schwächere Küken als Futter ansehen.“

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Jakob weiß genau, dass Jörg Schmidt in seiner Jackentasche Nüsse für ihn versteckt hat.

Kleiner Kämpfer

Und so zog der junge Vogel in das Haus der Familie Schmidt, wo für ihn ab sofort Mehlwürmer, aufgeweichter Zwieback oder auch Hundefutter auf dem Speiseplan standen. „Von morgens bis abends war Füttern angesagt. Innerhalb weniger Tage erholte sich Jakob von den Strapazen seines schwierigen Starts ins Leben und wurde von Tag zu Tag zutraulicher – und das, obwohl die Chancen fürs Überleben laut der behandelnden Tierärztin nicht gerade gut standen“, teilt Jörg Schmidt stolz mit und berichtet weiter: „Auch zwei Abszesse an den Beinen konnten dank der Unterstützung der Ahauser Tierärztin Gisela Stefan, die Wildvögel umsonst behandelt, ohne Operation geheilt werden und Jakob machte große Fortschritte.“ Seitens der Familie, Freunde oder Nachbarn gab es auf den neuen Bewohner im Hause Schmidt ganz unterschiedliche Reaktionen: „Die einen waren neugierig und fasziniert, andere wiederum hatten großen Respekt. Schließlich gelten Dohlen aufgrund alter Sagen als Überbringer schlechter Nachrichten oder sogar als ,böser‘ Vogel. Dabei sind sie hochintelligent“, sagt Jörg Schmidt.

Für Jakob startet der Tag meist mit einem ausgiebigen Bad.

Partner fürs Leben

Inzwischen ist aus Jakob ein stattliches kleines Dohlenmännchen und ein kleines Highlight in der Nachbarschaft geworden. Nachdem er morgens gefüttert wurde, ausgiebig gebadet und sich als „Leckerchen“ die ein oder andere Nuss von Jörg Schmidt gesichert hat, zieht er seine Kreise über das Wohngebiet Hovesath. Doch sobald er die Pfiffe und das Rufen seines Ziehvaters hört, kehrt er schnell in den Garten der Familie Schmidt zurück, wo er derzeit in einer Voliere lebt. „Damit könnte es jedoch schon bald vorbei sein, denn Ende September/Anfang Oktober versammeln sich die Dohlen zur Verpartnerung und ziehen gemeinsam weiter“, so der Vogelfreund und ergänzt: „Allerdings suchen sich Dohlen nur einen Partner aus, mit dem sie ihr ganzes Leben lang zusammen bleiben. Und das kann auch der Mensch sein.“ Deshalb ist die Familie Schmidt nun gespannt darauf, wie Jakobs Entscheidung ausfallen wird. (vr)

In den kommenden Wochen entscheidet sich, ob Jakob bei seiner Ziehfamilie bleibt oder er sich mit einem Dohlenweibchen verpartnert.

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