Innerhalb von drei Tagen raus aus dem Wohnmobilheim

Coronaschutzverordnung trifft Peter Keichel mit voller Wucht

HEIDEN. Das war ein Schock! Innerhalb von drei Tagen musste Peter Keichel seine Unterkunft auf dem Campingplatz Römersee räumen. Und stand plötzlich vor der Frage: Wohin?

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Peter Keichel lebt seit September letzten Jahres in Trennung von seiner Frau. Also wollte er auch raus aus der gemeinsamen Wohnung in Heiden. Seine Wohnungssuche blieb allerdings bis dato vergeblich. „Überall nur Absagen. Ein Vermieter meinte sogar, die Wohnung sei nur etwas für junge Singles, ich sei ja schon im fortgeschrittenen Alter“, blickt der 52-jährige zurück. „Als Notlösung schlug mir ein Kumpel die Nutzung seines Mobilheims am Römersee vor“, sagt der selbständige Fahrzeug-Folierer. Ein Angebot, dass er gerne annahm. Bis zum heutigen Mittwoch wohnte er hier. „Der knappe Raum machte mir nichts aus. Ich habe sogar gelernt, die Ruhe hier zu schätzen“, so Keichel. Montagabend informierte ihn dann ein Parzellennachbar, das Ordnungsamt sei da gewesen. Alle Bewohner des Campingplatzes, die hier nicht mit Wohnsitz gemeldet seien, müssten ihre Unterkünfte verlassen.

Coronaschutzverordnung lässt keinen Spielraum zu

Christian Richters, Leiter des Ordnungsamtes der Gemeinde Heiden bestätigt den Vorgang. „Nach dem Meldegesetz ist das Wohnen auf dem Campingplatz auch aktuell gestattet. Wer allerdings zu touristischen Zwecken dort untergekommen ist, verstößt gegen die neue Corona-Schutzverordnung“, erläutert er. Unterm Strich heißt das: Wer keinen Wohnsitz auf dem Campingplatz angemeldet hat, darf dort nicht länger bleiben. Dazu steht kurz und knapp in Paragraf 8 Beherbergungen, Tourismus: „Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken und Reisebusreisen sind untersagt.“ Bis zu 500 Euro können bei Verstößen gegen die Verordnung fällig werden.

Christian Richters hat nach eigener Aussage in 20 Jahren noch keine Verordnung gesehen, die so krass und deutlich ausgefallen ist wie Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. „Da steht in Paragraf 14, die Verordnung ist energisch, konsequent und, wo nötig, mit Zwangsmitteln durchzusetzen. Dazu kann auch die Polizei zur Unterstützung hinzugezogen werden. Wir haben also keinen Ermessenspielraum, sondern müssen uns strikt an diese Verordnung halten.“ Die energische Umsetzung beträfe auch den zeitlichen Faktor. Der Ordnungsamtsleiter: „Wir können die Sorgen und Nöten der Betroffenen total verstehen. Aktuell leisten wir viel Aufklärungsarbeit, telefonieren mit den Leuten und versuchen vernünftige Lösungen zu finden.“ Letztendlich gebe es aber kaum Ermessungsspielraum.

Sorge um die Existenz der Firma

Peter Keichel zweifelt nicht an der Notwendigkeit der Corona-Schutzverordnung und an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung. Aber sie traf ihn völlig ungeahnt und mit voller Wucht. Denn für ihn ergaben sich am Montag plötzlich mehrere Probleme: Er hatte von jetzt auf gleich keine Unterkunft mehr. Seine von ihm getrenntlebende Frau samt gemeinsamer Tochter und Stiefsohn standen zu diesem Zeitpunkt wegen eines Coronavirus-Verdachtes unter häuslicher Quarantäne. Seine Sorge: Würde er bei ihnen einziehen, müsste auch er gegebenenfalls eine 14-tägige Quarantäne einhalten. Das wiederum würde bedeuten, dass er seine Werkstatt in Borken für den gleichen Zeitraum schließen müsste. Als Solo-Unternehmer drohte ihm somit auch ein krasser wirtschaftlicher Verlust. „Dabei ist die Auftragslage trotz Coronakrise derzeit sehr ordentlich. Ich habe genug zu tun“, sagt der Fahrzeugfolien-Experte.

Vorerst unter, aber Wohnungsproblematik bleibt

Am heutigen Mittwochmorgen löste sich die Problematik ein wenig auf. Die Quarantäne seiner Ehefrau endete just an diesem Tag. Das war auch dem Ordnungsamt Heiden bekannt und Grund dafür, den geforderten Auszug aus dem Mobilheim auf Mittwoch zu datieren. Keichel konnte das Gästezimmer der ehemals gemeinsamen Wohnung in Heiden beziehen. „Ich bin meiner Frau sehr dankbar für ihr Entgegenkommen. Das ist sicherlich nicht selbstverständlich.“

An der grundsätzlichen Problematik ändert das aber nichts: Peter Keichel benötigt eine eigene Wohnung. „Zwei Zimmer, Küche, Bad würden mir vollkommen reichen. In oder um Borken herum, Heiden und Ramsdorf wären auch voll okay. Und gerne im Grünen. Das habe ich in den letzten Wochen echt schätzen gelernt!“ (kre)

»» Wer Peter Keichel helfen will, vielleicht sogar eine Wohnung für ihn hat, kann ihn unter Telefon 0172 657 3216 kontaktieren.

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