Südlohn-Oeding. Im Garten von Anja Gesing herrscht fröhliches Treiben: Die vier Kinder in ihrer Tagespflegestelle „Anja und ihre Zwerge“ haben sich bei schönem Wetter die Bobbycars geschnappt und auf dem Rasen geht es munter hin und her. Eines der vier Kinder ist Jakob. Der Dreijährige hat das Down-Syndrom. Seine Eltern haben sich bewusst für eine Betreuung in der Kindertagespflege entschieden. In dem Alter, in dem seine beiden älteren Geschwister in den Kindergarten gekommen sind, wollten Jakobs Eltern das auch für ihn. Doch statt großer Gruppen und vieler Kinder war für sie klar, dass die kleine Gruppe bei der Tagesmutter geeigneter ist. Nach einem Jahr bei „Anja und ihren Zwergen“ fällt das Fazit aller Beteiligten absolut positiv aus.
Kontakt über den Sozialdienst katholischer Frauen
Den Kontakt zu Anja Gesing vermittelte Raphaela Südfeld vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Der SkF ist in Südlohn und Oeding für die Vermittlung, Beratung und Begleitung der Kindertagespflege zuständig. Und so konnten Jakobs Eltern an Anja Gesing vermittelt werden, die sich beim Landesjugendamt für die Betreuung von Kindern mit Behinderung qualifiziert hat. Seitdem bietet sie inklusive Betreuung in ihrer Tagespflegestelle in Oeding an.
„Wir hatten von Anfang an ein gutes Gefühl“, berichten Jakobs Eltern.
Und schon die Eingewöhnung des Jungen gestaltete sich problemlos, freut sich Anja Gesing. Die Voraussetzungen für die Betreuung von Kindern mit Behinderungen sind in der Kindertagespflege optimal, betont Ruth Franzbach vom Kreisjugendamt. Denn die kleine Gruppengröße – Anja Gesing darf maximal vier Kinder betreuen, wenn eines eine Behinderung hat – und die enge Bindung zu ihr als Bezugsperson seien sehr förderlich. „Der Grundgedanke der Inklusion wird in der Kindertagespflege gelebt: Kinder mit Behinderung werden ganzheitlich eingebunden und sind Teil der Gemeinschaft“, sagt Ruth Franzbach. Genau das haben sich Jakobs Eltern gewünscht: Ihr Sohn sollte in einem Umfeld betreut werden, in dem weniger die therapeutische Förderung, sondern vor allem das „ganz normale Spielen und Miteinander im Alltag“ im Vordergrund stehen.
Jakob ist nun aufmerksamer und aktiver
Während des Austausch-Gesprächs zwischen Raphaela Südfeld, Ruth Franzbach, Tagesmutter und Jakobs Eltern sitzt der Dreijährige gut gelaunt bei seinem Papa auf dem Schoß. Eigentlich ist Mittagsschlafzeit. „Jakob hat mit seinem dritten Geburtstag beschlossen, dass er keinen Mittagsschlaf mehr benötigt“, berichtet Anja Gesing schmunzelnd. „Jetzt verbringen wir die Zeit, wenn die anderen schlafen, zu zweit.“ Jakob hat sich gut in die kleine Gruppe eingefunden, für die anderen Kinder macht es gar keinen Unterschied, dass er das Down-Syndrom hat. Die Gruppe bleibt so auch bis zum nächsten Sommer zusammen, das ist gut für die Beziehung der Kinder untereinander. Jakob ist an vier Tagen bei „Anja und ihren Zwergen“. Wenn er nicht da ist, fragen die drei nach ihm. Und genau wie alle anderen muss er auch mal warten, bis er an der Reihe ist und lernt erste Regeln im Miteinander. Seit ihr Sohn in der Betreuung der Tagesmutter gehe, sei er viel aufmerksamer und aktiver.
Spezielle Spielsachen und Mobilar
Um ihre inklusive Tagespflegestelle passend auszustatten, hat Anja Gesing mit Fördermitteln des Landes spezielle Spielsachen und Mobiliar angeschafft. Einer von Jakobs Favoriten ist eine Spielplatte, auf der ein Rad montiert ist. Darin springen Flummies hin und her, wenn man es dreht. „Jakob liebt Musik und alles, was Geräusche macht“, berichtet die Tagesmutter. Auch die gemeinsamen Fahrradtouren mag er sehr. Dafür nutzt Anja Gesing ein Lastenrad, in dem die Kinder vorne in einer großen Kiste sicher sitzen können. Regelmäßig nimmt sie so auch an den Treffen der Tagespflegepersonen mit ihren Tageskindern in Südlohn teil. Bis zum nächsten Sommer wird Jakob die Tagespflegestelle „Anja und ihre Zwerge“ noch besuchen. Dann steht der Wechsel in eine Kindertageseinrichtung an. Den wird Anja Gesing gemeinsam mit Jakob und seinen Eltern ganz in Ruhe gut vorbereiten.
Zum Hintergrund:
Im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes (alle Kommunen außer Ahaus, Bocholt, Borken und Gronau, die ein eigenes Jugendamt haben) gibt es insgesamt 25 Tagespflegepersonen, die für die Betreuung von Kindern mit einer Behinderung speziell ausgebildet sind. Aktuell werden insgesamt drei Kinder mit einer anerkannten Behinderung betreut. Eine Behinderung gem. §§ 53 ff. SGB XII wird durch das Landesjugendamt festgestellt. Dafür muss durch das örtliche Jugendamt ein entsprechender Antrag eingereicht werden. Teil dieses Antrages ist unter anderem die pädagogische Konzeption der vorgesehenen Tagespflegeperson sowie ein explizit ausgearbeiteter Teilhabe- und Förderplan für das Kind. Mit einer Anerkennung werden auch Fördermittel bereitgestellt – für die Ausstattung der inklusiven Kindertagespflege, für Fortbildungen oder therapeutische Angebote. Aber auch ohne diesen anerkannten „Status“, ist die Kindertagespflege im Kreis Borken inklusiv ausgerichtet. Besonders für Kinder unter drei Jahren, bei denen bereits nach der Geburt oder in den ersten Lebensjahren eine Behinderung festgestellt wird, ist die Kindertagespflege ein gutes Betreuungsangebot. (kreisborken)