Borken – der richtige Fahrradweg

HALLO-Redakteur Ewald Kremer kommentiert die fahrradfreundliche Kommune

Eine Glosse von HALLO-Redakteur
Ewald Kremer

Ich habe da mal eine oder besser gesagt drei Fragen? Würden Sie einen roten Punkt auf einer ansonsten weißen Leinwand als farbenfrohes Bild bezeichnen? Oder würden Sie einen Steingarten, in dem lediglich eine blühende Pflanze zu finden ist, eine Bienenweide nennen? Halten Sie einen Doppel Cheeseburger mit 442 kcal für eine gesunde Mahlzeit, nur weil man drei Scheiben Gurken darauf drapiert hat? Ihre Antwort wird in der Regel „NEIN“ lauten!

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Ich habe noch eine Frage. Würden Sie eine Stadt mit 40.000 Einwohnern, die lediglich an einer Stelle in ihrem Stadtgebiet dem Fahrradverkehr Vorrang vor dem Autoverkehr einräumt, fahrradfreundlich nennen? Die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (kurz AGFS) beantwortet diese Frage mit „JA!“

Die AGFS war jüngst in unserer schönen Kreisstadt, um dort nach Ortsbefahrung und Diskussion zu einer Einschätzung zu gelangen, ob Borken in ihren illustren Kreis aufgenommen werden könne. Die gute Nachricht: Borken kann! Mit der Aufnahme ist die Auszeichnung als fußgänger- und fahrradfreundliche Kommune verbunden. Borken bekommt Vorbildcharakter.

Fahrradfreundlich im Sinne der Verkehrswende heißt, dem Radverkehr Vorrang vor Pkw, Lkw und Co. zu geben. Das passiert tatsächlich in Borken nur am neuen Kreisverkehr Heidener Straße/Bahnhofstraße. Ach ja, die lange Stiege soll demnächst zur Fahrradstraße werden. Das wäre dann der zweite rote Punkt auf der ansonsten weißen Leinwand. Klar, es gibt auch einige echte und unechte Radwege in Borken. Und natürlich auch Fußwege. Auf letzteren ist bislang kein Autoverkehr zu befürchten, allenfalls mal ein kurz abgestelltes SUV, dessen Besitzer Brötchen holt. Aber Borken deshalb mit dem Prädikat „fußgänger- und fahrradfreundliche Kommune“ zu versehen, ist doch in etwa so, als ob man einen Hackbraten vegan nennt, nur weil darin auch etwas glatte Petersilie verarbeitet wurde.

Ja, werden jetzt einige sagen, das Ganze sei doch als Prozess zu verstehen. Es gehe um Pläne und Vorhaben. Tatsächlich sind die Voraussetzungen zur Aufnahme seitens der Stadt erfüllt worden: Dazu musste sie „ein nahmobilitätsfreundliches Gesamtkonzept vorlegen; innovative, effektive und unkonventionelle Wege zur Lösung von Verkehrsproblemen bevorzugen sowie kommunalpolitisch deutliche Prioritäten für Nahmobilität setzen“. Absichtserklärungen. Aber die reichten, um Borken nun als 90. Mitglied der AGFS zu empfehlen. Man sieht Borken offensichtlich auf dem richtigen Weg.

Die Mitgliedschaft, die übrigens noch durch Verkehrsminister Hendrik Wüst bestätigt werden muss, verschafft den beteiligten Kommunen echte Vorteile. Sie bekommen einen exklusiven Zugang zu Fördermitteln des Landes. Die Öffentlichkeitsarbeit wird von Profis übernommen. Das Netzwerk liefert Wissen und Erfahrung für alle. Und nicht zuletzt gibt es Beratung und Hilfestellung bei Fragen der Nahmobilität. Insofern ist es gut, wenn Borken Mitglied wird. Denn insbesondere guten Rat scheint die Kreisstadt noch reichlich gebrauchen zu können.

(aus HALLO Borken 07.2020 / Hinweis: Inzwischen ist die Lange Stiege zur Fahrradstraße umgebaut worden)

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