Rhede/Óbidos. „In der Amazonasregion ist die Gesundheitsversorgung nicht ausreichend. Mit einem Schiff können auch entlegenere Gebiete erreicht werden. Und als Kirche sollen wir ja, wie es auch der Papst sagt, aufbrechen zu den Menschen.“ Das sagt die in Rhede aufgewachsene Franziskanerin und Ärztin Ruth Rottbeck. Die 46-Jährige freut sich, dass ein Krankenhaus-Schiff, das nach Papst Franziskus benannt ist, nun bald ablegen und auf dem Amazonas unterwegs sein wird. Am 6. Juli ist die Schlüsselübergabe in Óbidos (Brasilien). Nach der offiziellen Einweihung in Belém Mitte August wird Schwester Ruth dann über den Amazonas zu den Menschen fahren, die ansonsten keine Krankenversorgung haben.
„Dieses Krankenhaus-Schiff kommt meinen Möglichkeiten des Aufbruchs als Ärztin und Franziskanerin sehr entgegen.“
Ruth Rottbeck
Bereits Anfang Februar hatte sich die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, die 2011 in die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Siessen eingetreten war, auf den Weg nach Brasilien gemacht. Vorausgegangen war beim Katholikentag 2018 ein Treffen mit dem Bischof von Óbidos, Johannes Bahlmann. Bahlmann, der Franziskaner ist und aus Visbek (Landkreis Vechta) im oldenburgischen Teil des Bistums Münster stammt, hatte die Franziskanerinnen von Siessen zuvor um Unterstützung für das Projekt des Krankenhaus-Schiffes gebeten. Und diese „Unterstützung“ stand ihm dann beim Katholikentag gegenüber: Schwester Ruth. Sie machte sich im Oktober letzten Jahres ein Bild vor Ort. Ende 2018 gab sie ihre Stelle als Oberärztin für Gerontopsychatrie am Zentrum für Seelische Gesundheit in Stuttgart auf, um sich der neuen Aufgabe am Amazonas zu stellen.
Medizinische Versorgung gewährleisten
Dass Schwester Ruth nun diese neue Aufgabe hat, geht letztlich auf Papst Franziskus selbst zurück. Im Jahr 2013 hatte der Papst ein Krankenhaus der brasilianischen Gemeinschaft der Franziskaner der göttlichen Vorsehung in Rio de Janeiro besucht. Die Gemeinschaft kümmert sich vor allem um Kranke, Alte und Pflegebedürftige. Im Rahmen seines Besuches bat Papst Franziskus die Franziskaner, sich der Menschen am Amazonas anzunehmen. Dieser Bitte nachkommend, betreibt die Gemeinschaft inzwischen zwei Krankenhäuser am Amazonas, nämlich in Óbidos und in Jurutí. „Doch wir erkannten schnell, dass für die Bevölkerung am Amazonas eine besondere Versorgung benötigt wird, die die Menschen auch vor Ort erreicht. Und wie könnte das auf dem Amazonas besser gelingen als durch ein Krankenhaus-Schiff“, sagt Bischof Bahlmann. Im geplanten Einsatzgebiet des Schiffes leben circa 700.000 Menschen in rund 1.000 Gemeinden. „Für diese ist das Erreichen der beiden Krankenhäuser insbesondere aufgrund der immer wiederkehrenden Überschwemmungen der Straßen und dem dann schwierigen und teuren Transport zu den Krankenhäusern fast unmöglich“, erläutert Schwester Ruth. Und Bischof Bahlmann ergänzt: „Ein Krankenhaus-Schiff stellt somit die einzige Möglichkeit dar, die gesundheitliche Versorgung der Menschen rund um den Amazonas dauerhaft zu gewährleisten.“ Ziel des Projektes sei es, so erklärt Schwester Ruth, „ sowohl die gesundheitliche Grundversorgung sicherzustellen als auch am Amazonas häufige Erkrankungen und Krebserkrankungen möglichst frühzeitig zu erkennen und hier auch vorbeugend tätig zu werden.“
Krankenhaus auf dem Wasser
Das Krankenhaus-Schiff hat eine Länge von 32 Metern und verfügt über Behandlungs- und Untersuchungszimmer für verschiedene Fachrichtungen wie etwa Zahn- und Augenheilkunde sowie über einen kleinen OP-Raum, ein Labor, Röntgen-, Mammographie-, Ultraschall- und EKG-Geräte sowie über Räume für die Medikamenten-Ausgabe. Das Ärzte- und Pflegepersonal auf dem Schiff wird unter anderem aus fünf Ordensleuten bestehen. Hinzukommen voraussichtlich fünf weitere Ärzte und zwölf Krankenschwestern und Medizinisch Technische Assistenten sowie weitere Hilfskräfte. Schwester Ruth erläutert, dass „die Anfangsfinanzierung für den Bau des Schiffs aus einer Strafzahlung stammt, die von verschiedenen Firmen aufgrund von schwerwiegender Umweltverschmutzung und deren Folgen geleistet werden musste und dem Projekt durch das regionale Arbeitsgericht in Campinas zugesprochen wurde.“